08.Apr 2022

Tierernährung: Obstipation - Häufige Gründe, einfache diätetische Maßnahmen und Besonderheiten beim Megakolon

 

Obstipation

Eine Obstipation äußert sich in der Regel durch Tenesmus mit ausbleibendem oder stark reduzierten Kotabsatz, teilweise tritt Pseudodiarrhoe auf. Weitere im Zusammenhang stehende Symptome können Erbrechen, Anorexie und Lethargie sein.

Die bedeutendste Differentialdiagnose stellt eine Dys- bzw. Anurie dar.

Schlechtes Allgemeinbefinden, Abdominalschmerz oder hochfrequentes Erbrechen können hinweisend auf einen lebensbedrohlichen Notfall wie z.B. einen Ileus sein.

Die Begriffe Obstipation und Konstipation werden im deutschen Sprachraum synonym benutzt, im englischen hingegen bezeichnet Obstipation die hochgradige Form mit ausbleibendem Kotabsatz.  

Ursachen eines erschwerten bzw. ausbleibenden Kotabsatzes können sein:

  • Fremdkörper, (Tricho)bezoare
  • chronischer/hgr. Flüssigkeitsmangel bzw. Dehydratation
  • Fehlernährung (z.B. Rohfasermangel oder -überschuss, Knochenfütterung)
  • Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes (Megacolon)
  • Rüden: Perinealhernien und/oder Prostatahyperplasien
  • Schmerzen beim Kotabsatz (z.B.Hüftgelenkserkrankungen, Spondylosen)
  • Rückenmarkserkrankungen (z.B. Diskusprolaps, Cauda-Equina-Syndrom)  
  • Stenosen/Strikturen des Darmes (z.B. Tumoren) oder der Beckenknochen (z.B. alte Frakturen)
  • diverse Erkrankungen im Analbereich
  • psychische Stressoren, mangelnde Möglichkeit zum entspannten Kotabsatz (besonders Katzen)
  • seltene Gründe: neurologische Erkrankungen wie Dysautonomie, Pyometra, hochgradiger Parasitenbefall, anatomische Fehlbildungen (z.B. Atresia Ani, Manx-Syndrom der Katze)
  • Nebenwirkungen einer medikamentösen Therapie (z.B. Diuretika, Opioide, Barium-Sulfat)
  • Alter: Bewegungsmangel, geringere Darmaktivität, Fehlernährung
  • begünstigend wirken teilweise endokrine Ursachen, z.B. Hypothyreose

Was tun bei einer Obstipation?

Neben pharmakologisch wirksamen Medikamenten oder rektalen Einläufen/Mikroklistieren können im Akutfall einer einfachen Obstipation mit ungestörtem Allgemeinbefinden und zur Prophylaxe folgende diätetische Maßnahmen sinnvoll sein:

Milde Laxantien:

  • Milch: maximale Tagesmenge etwa 20 ml/kg KG (meist kurzfristiger Einsatz, Überschreiten dieser Menge kann Fehlgärungen im Dickdarm und Diarrhoe verursachen)
  • Lactulose: 0,6 ml/kg KG/Tag, verteilt über mehrere Portionen (langfristiger Einsatz möglich; gängigstes Mittel)
  • Macrogol (Polyethylenglykol) - Einsatz in der Veterinärmedizin noch relativ jung, in der Praxis viele Erfolgsberichte
  • der Einsatz von reinem Paraffinöl ist genau abzuwägen, da durch versehentliches Gelangen in den Respirationstrakt lebensgefährliche Aspirationspneumonien (Lipidpneumonien) verursacht werden können

Anregung der Darmtätigkeit mittels Erhöhung des Ballaststoffgehaltes, gleichzeitiger präbiotischer Effekt:

  • Psyllium (Flohsamenschalen): ca. 2-10 g, je nach Größe beim Kleintier, bei Pferden bis etwa 50 g. Wichtig: Zuvor mit genügend heißem Wasser quellen lassen, damit die Flohsamen dem Darminhalt nicht weiteres Wasser entziehen
  • Weizenkleie: ca 1g/kg KG, zuvor einweichen
  • Leinsamen: 5-10 g/Hund, ca 100 g/Pfd  – mit heißem Wasser großzügig übergießen und 10 Min quellen lassen
  • Möhren und Äpfel: Roh, gerieben oder gekocht
  • Futterzellulose ca. 0,5 g – 1 g/kg KG
  • ggf. Pflanzenöl hinzufügen (Pfd. ca. 100 ml, Hund und Katze 1-3 TL)

Hinweis: Bei der Fütterung von Quellsubstanzen muss der Patient unbedingt ausreichend hydriert sein, da sonst die Obstipation bzw. Dehydratation forciert werden kann! Die genannten Mengenangaben sind Richtlinien, bitte beachten Sie zusätzlich die jeweiligen Herstellerhinweise.

Besonderheit Fütterungsmanagement beim Megacolon

Das Megacolon ist eine bei der Katze regelmäßig auftretende Erkrankung, beim Hund vergleichsweise selten. Durch die chronische Dickdarmdilatation mit Hypomotilität kommt es zur Anschoppung von Kotmassen und damit einhergehender chronischer Verstopfung.

Umgekehrt kann auch eine chronische Verstopfung ein Megacolon hervorrufen.

Ballaststoffreiche Ernährung ist beim Megakolon kontraindiziert, da diese das Kotvolumen und somit den muralen Druck erhöht - dies begünstigt eine weitere Schädigung der Darmwandmuskulatur und Verschlimmerung der Symptomatik.

Ziel des Fütterungsmanagements beim Megacolon ist es vielmehr, die Kotmenge möglichst gering zu halten. Dies wird meist mit der Verfütterung von hochverdaulichem Feuchtfutter erreicht. Die regelmäßige Gabe von Laxantien unterstützt den Weitertransport des Kotes.

 

Haben Sie noch weitere Fragen zur diätetischen Behandlung Ihrer Patienten?

Unsere Diplomates ECVCN/ACVN unterstützen Sie gerne durch zeitnahe Erstellung fallbasierter Ernährungspläne sowie Beantwortung weiterer Fragen zur diätetischen Unterstützung in der Therapie.

 

Literaturverzeichnis: Auf Anfrage

Autorin des Artikels:

Tierärztin med. vet. Julia Brüner